:  Nach dem Ende eines Monats schreibe ich auf, was mich in den vergangenen Wochen beschäftigt hat, was ich gelesen, gehört habe und weiterempfehlen möchte, woran ich arbeite, was ich be-merkenswert gefunden habe.

Ein neues Jahr, und ein guter Zeitpunkt, endlich die Monatsnotizen wieder aufzugreifen. Das Schreiben als weitere Auseinandersetzung mit Texten, Gedanken und Podcasts habe ich vermisst. Ich habe ein wenig über ein neues Format nachgedacht, aber erst einmal bleibt hier alles, wie es war.

Beeindruckt hat mich in diesem Januar die große Widerstandskraft, die aus einer journalistischen Recherche entstanden ist. Es erscheint mir, als habe die „Geheimplan“-Berichterstattung des Kollektivs CORRECTIV das Land wachgerüttelt. Die Journalist*innen hatten ein Geheimtreffen von unter anderem ranghohen AfD-Politiker*innen zur Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland aufgedeckt. Hunderttausende sind seitdem auf die Straße gegangen, um für Demokratie, Toleranz, und Vielfalt zu demonstrieren und sich klar gegen den Rechtsextremismus vor allem in der AfD zu positionieren. 

CORRECTIV ist eines der erfolgreichen Beispiele des Pionierjournalismus. Das Projekt hatte sich vor knapp zehn Jahren gegründet, um neue Formen und Geschäftsmodelle des Journalismus zu erproben. Es finanziert sich ausschließlich aus Privatspenden der Leser*innen und über Stiftungen und weitere Zuwendungen. Alle Inhalte sind offen, es gibt keine Werbung. Bürger*innen werden in die Arbeit einbezogen. Ich finde es bemerkenswert, dass eine Recherche, die so viel bewegt hat, aus einer Organisation heraus entstanden ist, die sich für eine neue Form des Journalismus stark macht:

Es ist auch unser Ziel, dass sich Menschen sachkundig informieren und in Debatten einbringen können. Unsere Arbeit gründet auf der Überzeugung, dass durch ein Mehr an Partizipation und Austausch der Zusammenhalt in einer offenen Gesellschaft gestärkt wird.

Website CORRECTIV, „Über uns“

Es gibt also gute Gründe, die Arbeit von CORRECTIV mit Spenden zu unterstützen.

Szenische Lesung zur Correctiv-Recherche

Zur Correctiv-Recherche gab es am 17. Januar eine Szenische Lesung am Berliner Ensemble unter der Regie von Kay Vosges, dem Intendanten des Wiener Volkstheaters. Die Vorfälle in Potsdam, die Correctiv aufgedeckt hatte, werden hier als „Mix aus Investigativjournalismus und Theater“ (Nachtkritik) auf die Bühne gebracht. Die Kritiken waren größtenteils sehr positiv. Ich selbst finde das Projekt doch ziemlich bedenklich. Selbst wenn die Schauspieler*innen aus ihren Rollen im Sinne des Brechtschen Theaters immer wieder heraustreten und sie reflektieren – für eine künstlerische Verarbeitung dessen, was da in Potsdam geschehen ist, fehlt die zeitliche Distanz. Natürlich sollte auch Theater politische Position beziehen. Das muss aber nicht bedeuten, nahezu zeitgleich zur Veröffentlichung der Recherche eine Inszenierung daraus zu entwickeln, die das Geschehen, wenn auch sichtbar künstlerisch verfremdet, zu rekonstruieren versucht. Das spielt aus meiner Sicht den AfD-Vertreter*innen in die Hände, die den Medien nur zu gerne Manipulation der öffentlichen Meinung vorwerfen möchten und den Wahrheitsgehalt der Recherche öffentlich anzweifeln. 

Kein Hass

Bei den Demonstrationen habe ich mich mit einer Parole unwohl gefühlt, die in vielen Städten skandiert wurde, in meiner Stadt: „Ganz Hamburg hasst die AfD“. Anderen, mit denen ich darüber sprach, ging es ähnlich. Ich habe tiefe Ressentiments gegen diese Partei und empfinde große Distanz bis Abwehr gegenüber den Menschen, die sie wählen. Hass aber empfinde ich nicht. Neben diesem persönlichen Unwohlsein mit diesem starken Begriff ist die Botschaft auch schlichtweg falsch. Es gibt eben in wohl jeder größeren Stadt Menschen, die in der AfD einen Ausweg aus diversen Krisen sehen, von denen sie sich bedroht fühlen. Auch der monolithische Block, gegen sich Demonstrierende hier positionieren, erzeugt aus meiner Sicht nicht das richtige Bild. Die potenzielle Wählerschicht der AfD setzt sich aus verschiedenen Typen zusammen. 

In einer Studie des Rheingold Marktforschungsinstituts, die Ende Januar veröffentlicht wurde, war ermittelt, worden, welche Wirkung die Demonstrationen auf potenzielle AfD-Wähler*innen haben. 

Protestwählerinnen und -wähler, die die AfD wählen wollen, um der Regierung einen Denkzettel zu erteilen, sich selbst aber nicht als rechtsradikal erleben, fühlen sich durch die Demonstrationen oft gekränkt. Durch die klare Stoßrichtung der Demonstrationen gegen die AfD fühlen sie sich noch weiter an die Wand gedrängt und persönlich diskreditiert. Sie entwickeln dann oft gemeinsam mit anderen AfD-Sympathisanten oder Wählern eine Art Wagenburg-Mentalität.

 „Zwischen Weckruf und Bumerang – psychologische Wirkungen der Demonstrationen gegen Rechtsextremismus“

Wenn wir ernsthaft Menschen für die demokratischen Werte zurückgewinnen möchten, sollten wir ihnen Türen öffnen, statt ihnen Hass entgegenzurufen. Hass ist das Gefühl, von dem die AfD und andere autoritäre Parteien leben. Wir sollten es nicht als Gegenmittel einsetzen.

Daniel Schreiber

Ich habe zu Anfang des Jahres an mehreren Stellen gelesen, dass gute Vorsätze uncool seien, der Jahreswechsel eine willkürliche Zäsur, dass nach spätestens drei Wochen im Januar alles wieder genauso sein werde wie vorher. Ich sehe das anders und fand Unterstützung in einem sehr schönen Zitat von Daniel Schreiber aus seinem Newsletter. Ich teile es uneingeschränkt. Denn tatsächlich habe ich den Jahreswechsel immer wieder als eine Zeit des Dazwischen-Seins empfunden, ein Zeitraum, in dem sich neue Möglichkeiten eröffnen, in dem Altes abgelegt und Neues begonnen werden kann.

Aber ich glaube, dass wir uns trotzdem von diesem Gefühl des Neuanfangs leiten lassen können und dass es in gewisser Hinsicht ein wichtiges Gefühl ist. Denn jetzt ist die Zeit, überhaupt zu erkennen, dass so etwas wie eine Möglichkeit, seinem Leben neue Impulse zu geben, besteht. Die Zeit, eine innere Offenheit für Anregungen zu finden, die wir sonst gerne als unmöglich abtun. Bestimmte Ideen und Gedanken heranreifen zu lassen, die vielleicht nicht sofort, aber später Früchte tragen werden.

Daniel Schreiber, Gedanken zum neuen Jahr, 1. Januar 2024

Das neueste Buch von Daniel Schreiber, „Die Zeit der Verluste“, hat mich in den Januar begleitet. Ausgehend von einem sehr großen persönlichen Verlust, dem Tod seines Vaters, hinterfragt er unsere Fähigkeit, zu trauern – privat wie gesellschaftlich. Er entwickelt die Gedanken während eines längeren Aufenthalts in Venedig. In der Stadt spiegeln sich nicht nur seine Überlegungen zur Trauer, sondern immer wieder ruft sie ihn ihm auch die Schönheit der Kunst, der ästhetischen Wahrnehmungen wach. Es scheint, als könnten diese für die Trauer öffnen. So wird erfahrbar, wie nah die intensiven Erfahrungen des Verlustes, der Schönheit und der Begegnungen mit Menschen beieinander liegen. 

Ich mag diese Mischung von persönlich motivierten, literarischen und allgemeinen, essayistischen Passagen und nehme mir vor, nun die Trilogie von David Schreiber endlich auch noch zu lesen („Nüchtern“, „Zuhause“ und „Allein“). Und ich erkenne mich wieder darin, in der persönlichen Trauer gleichzeitig auch zu erleben, dass wir gemeinsame Verluste zu bewältigen haben. Die Folgen des Klimawandels, die Kriege, die Schwächung der Demokratie. Der Austausch darüber, welche Gefühle all das auslöst, kann ein erster Schritt sein und uns darin zusammenbringen. So wie das Reden über die persönliche Trauer den Verlust erträglicher machen kann.

Winterbaden, Freundschaft und Wissenschaft

Seit letzten Jahr bin ich begeisterte Winterschwimmerin, eine Faszination, die ich in Hamburg mit hunderten anderen „Eisbademeisters“ teile. Inzwischen ist aus der Idee, ins kalte Wasser zu gehen und damit Hilfsbedürftige durch eine Spende zu unterstützen, eine recht große Bewegung entstanden – der NDR berichtet darüber in einer Radio-Reportage, und es gibt einen sehr schöne Episode des „Der Hamburger“- Podcast über die Gründer*innen der Eisbademeisters in Hamburg. Importiert haben die ersten Hamburger Eisbademeisters das Konzept aus Rostock. 

Welche Emotionen das Bad in der Kälte auslösen kann und wie es drei Frauen in ihren jeweils besonderen Krisen Zuversicht gegeben hat, davon handelt die wunderbare Kurzdoku “Swimming Through”:

„The Euphoria of Cold-Water Immersion: In Samantha Sanders’s documentary short, a group of Chicago women find pandemic solace, in a death-defying winter ritual.”

Der Film wurde vom New Yorker veröffentlicht und kann hier angesehen werden – ich empfehle ihn sehr, er ist großartig.

Wer sich dafür interessiert, wie die Wissenschaft die gesundheitlichen Wirkungen des Eisbadens einschätzt, findet im „International Journal of Circumpolar Health“ ein Review von 104 Studien. Fazit: 

In conclusion, it would seem that the question proposed in the introduction to this review concerning the health effects of CWI (Cold Water Immersion), based on the published scientific literature described above, has only been partly answered. Until we have more concrete scientific evidence the topic will continue to be a subject of debate.

International Journal of Circumpolar Health

So begeistert ich selbst vom Kaltbaden bin und persönlich auch sehr gute Effekte beschreiben kann, so erstaunt es mich doch immer wieder, wie wenig vorbehaltslos in diversen Berichten von den gesundheitlichen Benefits die Rede ist. Die scheinen, wenn auch nicht ausgeschlossen, wissenschaftlich einfach noch nicht erwiesen zu sein. 

Social Media – bleiben oder gehen?

Twitter ist tot, neue Kanäle stellen sich als Nachfolger auf, und es ging eine breitere Debatte durch die Kommunikationsbranche, ob nun Bluesky, Threads oder doch Mastodon der Ort sei, zu dem wir von dem kaputten Netzwerk flüchten könnten. Björn Staschen, Journalist und Autor, hat für sich eine Antwort gefunden. Angesichts der Erfahrungen mit den Netzwerken, die in den Händen unkalkulierbarer Tech-Giganten liegen, kann für ihn nur ein dezentrales, unabhängiges Netzwerk wie Mastodon die langfristige Lösung sein. Ich habe mich im Herbst mit seinem Buch „In der Social-Media-Falle“ auseinandergesetzt und hier auch schon ausführlicher darüber geschrieben.  

Björn Staschen hat sich von fast allen Social-Media-Kanälen zunächst einmal abgemeldet. Er war beim Stammtisch Wissenschaftskommunikation bei Mann beißt Hund zu Gast – eine Zusammenfassung der Learnings gibt es im Blog unserer Agentur. Björn macht sich stark für die Alternative des dezentralen, unabhägingen Netzwerks „Mastodon“. Und hat ganz aktuell einen Newsletter gestartet, in dem er davon berichten wird, warum es sich lohnt, Plattformen dieser Art zu unterstützen.

Und immer wieder Podcasts hören

Wer im Wirrwarr der neuen Social-Media-Kanäle den Überblick behalten will, kann sich freuen: Es gibt ein Revival von „Haken dran“, den Podcast, den der Journalist Dennis Horn und der Berater für Digitales, Gavin Karlmeier, gestartet hatten, um den Untergang von Twitter zu begleiten. Beim Neustart nun macht Gavin alleine weiter und hat sein Themenfeld von Twitter auf weitere aktuelle Social Media Kanäle ausgeweitet. Das ist so etwas wie der Drosten für Corona war – wer „Haken dran“ regelmäßig hört, ist auf dem Laufenden. Immer wieder lädt der Host sich Gäste ein und wer noch mehr Infos braucht oder Austausch sucht, kann sich der Community anschließen, die sich aus dem Podcast heraus gebildet hat und die bei Discord nerdige Fragen diskutiert. 

Für mich ist „Haken dran“ auch deshalb spannend, weil das Community-Building für mich stets das große Plus der unabhängigen Podcasts gewesen ist. Und da in diesem Jahr meiner persönlichen Wahrnehmung nach deutlich weniger unabhängige Podcasts als in den Vorjahren gestartet sind, ist der Erfolg dieses eher beiläufig entstandenen Projekts um so bemerkenswerter. 

Das Leben des Brain

Der Journalist Bent Freiwald gibt schon seit Längerem einen Newsletter heraus, in dem er neue Erkenntnisse aus der Hirnforschung gut verständlich und in kleinen Portionen aufbereitet. Das gleiche Konzept liegt dem gleichnamigen Podcast zu Grunde, der Ende letzten Jahres gestartet sind. Bent Freiwald vermittelt seine Lerneinheiten mit Alltagsgeschichten – das macht den Podcast unterhaltsam. Mir wäre er etwas länger und dafür etwas tiefgehender noch lieber – aber auch so lässt sich aus jeder Folge etwas mitnehmen, zumal die Inhalte sehr alltagsnah sind: „Wie wir trotz Stress besser schlafen“ erklärt eine Folge, Informationen darüber, was Alkohol mit dem Gehirn macht, liefert eine andere. Und auch mit Mythen rund um das Gehirn räumt Bent Freiwald auf – gleich in der ersten Episode.

Der PodcastPodcast

Ein Podcast mit Podcastempfehlungen – eine Idee, die immer schon mal wieder durch die Reihen geisterte und in verschiedenen Formen auch bereits umgesetzt worden ist. Jetzt hat sich das Podcast-Label detector-fm daran gemacht und einen Podcast herausgebracht, der jeden Tag in fünf Minuten einen Podcast empfiehlt: „egal ob groß, klein, privat, öffentlich-rechtlich oder Indie“. Ich hatte im vergangenen Jahr – noch mehr als sonst – das Problem, sowieso schon zu viele Podcasts in den Playlists zu haben. Dennoch bin ich immer neugierig, was andere empfehlen, und höre deshalb immer wieder gerne rein. Wer gerade auf der Suche nach Podcastempfehlungen ist, kann sich kurzfristig über die Website inspirieren lassen will, die alle Folgen mit kurzen Texten im Überblick auflistet. 

Der Wissenskompass von Bas Kast

Ich habe die beiden Bücher von Bas Kast („Der Ernährungskompass und „Kompass für die Seele“) sehr gern gelesen. Was mir am meisten daran gefällt, ist dass Bas Kast offensichtlich lieber erklären als ratgeben will – und das gelingt ihm sehr gut und anschaulich. Zum ersten Mal habe ich in „Kompass für die Seele“ wirklich verstanden, wie Meditation funktioniert und warum es eine gute Methode gegen Stress und Gedankenkarusselle ist. Gleiches gilt auch für seinen Podcast, in dem er seit einigen Wochen in vielen, leider nicht allen Fällen, interessante Gäste einlädt. Am spannendsten sind die Folgen, in denen er mit Wissenschaftler*innen spricht. Die Themen kreisen um die seiner Bücher, aber reichen auch weiter. Besonders empfehlenswert ist die Episode mit dem Psychiater und Stressforscher Prof. Dr. med. Mazda Adli. Der erklärt, was das Leben in einer Stadt stressig macht, welchen Einfluss das Aufwachsen in dort auf das Risiko einer Schizophrenieerkrankung hat und warum und wie wir auch in der urbanen Gegenden gesund leben können. Darüber hinaus berichtet er von seinen Studien, unter anderem zum Zufußgehen und Fahrradfahren in der Stadt. Am Ende erzählt er von einer emotionalen Landkarte Berlins als Citizen-Science-Projekt. Mazda Adlis Buch: „Stress and the City. Warum Städte uns krank machen. Und warum sie trotzdem gut für uns sind“ (2017).“ steht jetzt schon mal auf meiner Leseliste. Leider sind die Januar-Folgen des Wissenschaftspodcasts auch schon die letzten, Bas Kast wird ihn offensichtlich nicht fortführen.

Über den Erfolg seiner Bücher spricht Bas Kast mit Karla Paul in der längeren Version ihres Buchpodcasts „Long-Story-Short“, im „Buchclub“. Der Autor erinnert sich, wie aufreibend und oftmals hoffnungslos der Weg zu seinem großen Erfolg war und was ihn dabei immer wieder motiviert hat, nicht aufzugeben. Sehr spannend und inspirierend für eigene Projekte!

Tekkal & Behroz

Fast regelmäßig höre ich den im letzten Jahr neu gestarteten Podcast von Duzen Tekkal mit Keshrow Behroz – und habe dabei vor allem die Aktivistin für Menschenrechte noch ein bisschen besser kennengelernt. Die beiden tauschen sich über aktuelle Themen und auch persönliche Erfahrungen aus, und gerade das macht den Podcast hörenswert. Zu den Politik-Podcasts, die ich regelmäßig höre, ist Tekkal & Behroz eine gute Erweiterung. Denn hier wählen zwei Publizist*innen mit Migrationshintergrund die Themen aus. Duzen Tekkal berichtet zudem immer wieder von ihrer Arbeit als Leiterin der Menschenrechtsorganisation HÁWAR.help. Beide Hosts haben einen guten Draht zueinander, man hört ihnen gerne zu. Manchmal kommen Gäste dazu. Ich hoffe, sie machen das noch lange weiter.

Mesut Özil – zu Gast bei Freunden

Tekkal & Behroz erscheint im Podcast-Label „Undone“, das der Host mit einem Kollegen gegründet hat. Unter anderem haben sie die vor zwei Jahren sehr erfolgreiche Podcast-Serie „Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen“ über den Verschwörungserzähler und Ex-Journalisten herausgebracht. Eine aktuelle Serie nach ähnlichem Muster, wenn auch der Protagonist eine ganz andere Rolle spielt, ist SchwarzRotGold: Mesut Özil zu Gast bei Freunden. Behroz geht mit einem Kollegen der Frage nach, wie es dazu kommen konnte, dass die gefeierten Fußballlegende und Vorbild einer gelungenen Integrationsgeschichte vom hohen Thron so massiv in Ungnade vieler Fans, Verbandsmenschen und Politiker*innen fallen konnte. Was ist die Geschichte hinter seiner Entwicklung, warum war er letzten Sommer mit einem Tatoo der Grauen Wölfe zu sehen, einer rechtsradikalen Vereinigung in der Türkei? So viel kann gespoilert werden: Schon an der Integrationsgeschichte war nicht alles rund. Latenter Rassismus, wirtschaftliche Interessen und Machtspiele im engsten Umfeld – damit war Özil von Anfang an in seiner Karriere immer wieder konfrontiert und auch überfordert. Und so ist SchwarzRotGold viel mehr als nur ein Fußballpodcast: Er hinterfragt uns als Gesellschaft in unserer Fähigkeit, Menschen mit unterschiedlichen Herkünften zu integrieren. Die beiden Autoren erzählen die Story Özils vor dem Hintergrund ihrer eigenen Migrationsgeschichte. Karim Kattab bringt das auch explizit ein: Die gesamte siebte Folge ist dem Co-Autoren gewidmet, der in Ägypten geboren und in Deutschland groß geworden ist. In der Geschichte seines Aufwachsens in Baden-Württemberg wird deutlich, wie ihn seine Herkunft auch als Autor dieses Podcast prägt und mit welcher Haltung er an die Geschichte von Özil herangegangen ist. Es ist wichtig, das zu erfahren. Denn so verstehen wir die zentrale Motivation beider Autoren, diese Geschichte genauso zu erzählen, wie wir sie nun hören können:

Ich würde mir wünschen, dass Leute sehen könnten, dass da 2018 nicht nur irgendein fehlender Superstar verletzt worden ist, sondern ja, auch Leute wie ich, und vielleicht auch wie du, und dass das nicht nur irgendwelche imaginären Personen betroffen hat, sondern auch ja, Nachbar:innen, ehemalige Mitschüler, dass es auch Leute betrifft, die man kennt. 

Karim Khattab, SchwarzRotGold, Episode 7, Transkript

Geht mehr auf Konzerte

Ein Mantra meines Nachbarn, eines begeisterten Konzertgängers, dem ich viel zu selten folge. Nach dem Live-Erlebnis von „Hotel-Rimini“ im Knust gebe ich ihm Recht und habe einen weiteren Vorsatz für das Jahr. 

Vor knapp eineinhalb Jahren gab die in der Corona-Zeit neugegründete Band „Hotel Rimini“ eines ihrer ersten Konzerte noch vor unter hundert Menschen im Knust in Hamburg. Sehr schön war das, eine intime Atmosphäre. Genauso gut war es nun im Januar, dass der große Saal mit gut 500 Menschen prall gefüllt war. Musik, die man mag, mit vielen anderen gemeinsam zu erleben, ist ein besonderes Ereignis. Ich hoffe, die Band wird noch viele so gute Konzerte geben.