Heute vor einem Jahr habe ich die erste Folge meines Podcasts „Lob des Gehens“ veröffentlicht – ein Grund für mich zum Feiern. Seit dem Start sind bis zum 22. Oktober insgesamt 14 Stunden und 38 Minuten erschienen (vgl. Information der Podcast-Suchmaschine FYYD). Also mehr als ein Tag Gespräche mit Menschen, die vom Gehen ähnlich überzeugt sind wie ich und jeweils eine besondere Expertise oder ein eigenes Thema dazu mitgebracht haben. In einem Text hatte ich damals zum Launch des Podcasts hier im Blog geschrieben, dass es gar nicht so einfach war, irgendwann zu sagen: „Jetzt ist die erste Folge fertig und kann raus“. Ich hätte unendlich weiter daran herumfeilen können.
Heute, ein Jahr später, bin ich sehr froh, dass ich irgendwann einfach veröffentlicht habe. Bestimmte Erfahrungen lassen sich nur gewinnen, indem wir etwas nach außen tragen und Rückmeldungen dazu bekommen – denn die sind ja Teil des Experiments. Dazu gehört auch die eigene Reaktion, in diesem Fall die Gewöhnung an die eigene Stimme.
Bereichernde Gespräche
Ich freue mich über jede Folge, alle Gäste, mit denen ich sprechen durfte. Bis auf eine Ausnahme haben alle gleich zugesagt – eine wirkliche Absage gab es gar nicht. Nach 18 Episoden und Aufnahmen begeistern mich vor allem die schönen Gespräche mit den interessanten Menschen, die ich sprechen durfte. In zwei Folgen ist meine Freundin Loubna Bouharrour mit Texten von meinen Gesprächspartnern zu hören, in einer weiteren lesen Lea Sauer und Özlem Özgül Dündar aus ihrem Buch „Flaneuren“. Die meisten Gäste habe ich zu Zeiten der Pandemie gar nicht direkt treffen können, sondern wir haben uns remote unterhalten. Dennoch ist jedes Mal eine, wie ich finde, sehr schöne, angenehme Atmosphäre entstanden. Über Social Media oder andere Kanäle bin ich mit den meisten noch in Verbindung geblieben.
Mach es doch selbst!
Bis heute genieße ich es, den Podcast von Anfang bis Ende komplett selbst zu machen. Themensuche, Planung, Produktion mit Schnitt, nochmal Reinhören – das hat für mich etwas Kontemplatives, entspannte Bastelarbeit, die am Ende ein sichtbares – bzw. eher hörbares – Ergebnis hat. Etwas anstrengender ist das Zusammenstellen der vielen Infos in den Shownotes. Aber ich mag es, dass da auf der Website zum Podcast mit den Infos zu den einzelnen Folgen und den Buch- und Podcasttipps eine Art Archiv zu Themen rund um das Gehen entsteht. Vielleicht recherchiert mal jemand und freut sich dann darüber.
Routine ohne Langeweile
Ich hatte ja schon in der Vorbereitung viele Gesprächspartner*innen und Themen auf meiner Liste gehabt – dennoch bin ich nach einem Jahr erstaunt, dass mir immer noch neue Aspekte auffallen oder ich neue Projekte entdecke. Mittlerweile habe ich auf die Erscheinungsweise von anfänglich vierzehntägig auf einmal monatlich umgestellt – und frage mich rückblickend, wie ich es im letzten Jahr im Herbst eigentlich geschafft habe, so oft herauszukommen. Zumal ich bei den ersten Folgen noch viel selbstkritischer war. Ich denke, es gab eine gewisse Anfangseuphorie, die mich getrieben hat. Und es war Lockdown.
Inzwischen hat die Produktion eine entspannte Selbstverständlichkeit gewonnen – auch, weil ich neben „Lob des Gehens“ seit Anfang des Jahres noch einen zweiten Podcast produziere, abwechselnd mit meinem Ko-Moderator Christian Friedrich: In Hamburg hOERt ein HOOU“ spreche ich mit den Macher*innen der verschiedenen Online-Angebote, die auf der Plattform der Hamburg Open Online University veröffentlicht werden.
Weitere spannende Momente
Was mich bei der Podcast-Produktion bis heute wie beim ersten Mal fasziniert: Am Ende bewirke ich mit einem einzigen Klick auf „Veröffentlichen“, dass diese neue Episode nur knapp eine Stunde später bei allen auf dem Smartphone landet, die „Lob des Gehens“ abonniert haben – dank der großartigen Erfindung des RSS-Feeds.
Zwischendurch habe ich mich schon einmal gefragt, ob ich schon an dem Punkt angekommen bin, an dem ich aufhören sollte – um Neues anzufangen. Aber noch entdecke ich das Neue weiter bei meinem Thema, sehe noch immer weitere, spannende Aspekte und interessante Menschen, mit denen ich darüber reden möchte. So lange das so ist und ich selbst die Gespräche noch gerne vorbereite und führe, werde ich weitermachen, wenn auch perspektivisch nicht mehr im regelmäßigen Rhythmus.
Ich habe viel mitgenommen aus dem ersten Jahr:
- Es ist gut, sich selbst eine Deadline zu setzen und Projekte dann zu veröffentlichen – egal, was sich eventuell alles noch verändern und verbessern ließe.
- In einem privaten Projekt, frei von Zwängen wie „Reichweite“, ist es ein großer Gewinn, bei der Entwicklung eines Produkts nicht überlegen zu müssen, was wohl andere gerne hören würden, was „gut ankommt“, sondern sich selbst zum Maßstab der Entscheidungen zu machen. „Lob des Gehens“ ist der Podcast, über den ich mich sehr gefreut hätte, wenn ich ihn irgendwo entdeckt hätte.
- Qualität lässt sich nicht an Hörer*innenzahlen ablesen. Die meisten Rückmeldungen, qualitatives Feedback, habe ich nicht für die Folgen erhalten, die die meisten Downloads hatten.
- Ich habe länger vor mir hergeschoben, mit dem Podcasten anzufangen, ich hatte Gegenargumente, habe für und wider abgewogen. Das hätte ich mir sparen können: Es hätte mich doch so lange nicht losgelassen, bis ich es ausprobiert hatte. Es war schon ein Schritt von „ich höre Podcasts“ zu „ich mache Podcasts“ zu gelangen – vor allem wegen der technischen Produktion. Aber die Anstrengung hat sich gelohnt – das gute Gefühl hält auch ein Jahr später noch an und bahnt den Weg für weitere Experimente.
- Lob des Gehens ist für mich auch ein Spielfeld – ich experimentiere dabei unter anderem auch in der Social-Media-Kommunikation und in der Gestaltung – ohne Grafikerin zu sein. Das macht Spaß, weil ich mir einige Freiräume erlaube, die im Job nicht möglich sind.
- Auch wenn man Projekte eigenständig umsetzt, ist es sehr gut, damit nicht alleine zu sein. Ich fand es hilfreich und immer wieder schön, mich mit meiner Freundin Loubna auszutauschen, die ja auch aktiv mitwirkt im Podcast, von ihr ehrliches Feedback erwarten zu können und mit ihr über weitere Entwicklungen und Themen sprechen zu können. Genauso war es ein gutes Gefühl, auch bei technischen Problemen wissen zu können, wen ich fragen könnte: Christian Friedrich, der mich schon zu Anfang gecoacht hatte, genau wie eine sehr hilfsbereite Community im Forum Sendegate. Interessant war übrigens auch die Erfahrung, dass ich viel weniger auf Support zurückgreifen müsste, als ich vorher gedacht hätte.
Die nächste Folge „Lob des Gehens“ erscheint heute, also genau ein Jahr nach der ersten Folge, mit der ich den Podcast damals vorgestellt hatte. Ich habe mit Sophie Burger und Lenja Busch über Audiowalks gesprochen, die sie mit ihrer App „Storydive“ auf ihrer eigenen Plattform herausbringen. Das Startup hat eine sehr schöne Idee umgesetzt, wie ich finde. Wie vieles im Podcast habe ich sie auch gleich ausprobiert und so einen anregenden Audiowalk in Hamburg erlebt.
Audiowalks lassen dich das Abenteuer direkt bei dir um die Ecke erleben. Du gehst raus und bist plötzlich die Hauptfigur in einer Geschichte.
Sophie Burger, Storydive