Über das Glück, einen eigenen Podcast zu produzieren
Es ist etwas ruhiger gewesen in diesem Jahr hier im Blog. Das hat auch mit dem Virus zu tun, der in unser aller Leben und so auch in meinem vor allem beruflich einiges durcheinander gewirbelt hat. Es gab viel zu tun.
Ein weiterer Grund: Ich bin im Sommer dazu gekommen, ein lang geplantes Projekt endlich konkret anzugehen: Ich habe angefangen, einen eigenen Podcast zu produzieren. Hier habe ich ja bereits einige Texte über Podcasts als Hörerin veröffentlicht – und möchte das auf jeden Fall auch fortsetzen. Die Seite der Produktion nun noch besser zu kennen, kann dabei nur helfen.
Braucht die Welt noch einen weiteren Podcast?
„Warum bei so viel Kommunikation noch ein weiterer Ort?“ habe ich damals, als ich dieses Blog startete, unter „About“ geschrieben. Und genau wie damals könnte ich heute fragen: Braucht die Welt noch einen weiteren Podcast?
Ich habe mir diese Frage allerdings nie gestellt. Denn Ausgangspunkt für mich war vielmehr, dass ich diesen Podcast machen wollte – ob irgendjemand ihn hören möchte, ist spätestens jetzt, wo die ersten Episoden fast fertig sind, nicht mehr komplett unwichtig. Aber doch weiterhin eher zweitrangig. Ich habe keine Mission, und ich ziele auch nicht auf Reichweite.
Ich hatte und habe einfach große Lust, mich in dem Medium selbst auszuprobieren. Ich wollte einmal von Anfang bis Ende alles das selbst machen, was bei einer Podcastproduktion anfällt, bis er dann für alle abonnierbar und auf einer Website zur Verfügung steht. Theoretisch wusste ich schon eine Menge darüber. Aber so richtig begreifen und auch verstehen lässt sich das alles wohl erst, wenn man es selbst auch macht. Ende letzten Jahres haben wir für unsere Agentur Mann beißt Hund bereits einen Podcast zum zwanzigjährigen Bestehen aufgenommen. Damals haben wir uns aber bei der Produktion unterstützen lassen, weil alles unter einem hohen Zeitdruck stand.
Ein Podcast über das Gehen
Seit einem Jahr schon weiß ich auch, dass ich einen Podcast über da Gehen machen will. Das Thema ist mir im Sommer 2019 quasi vor die Füße gefallen. Ich war – anfangs noch eher gezwungenermaßen – vom Joggen auf ausgiebiges Gehen umgestiegen und hatte dabei so viele positive Effekte entdeckt und gute Erfahrungen gemacht, dass ich gerne mehr darüber wissen wollte: Warum ist es so entspannend, warum kommen die besten Ideen beim Gehen, warum ändert sich die Wahrnehmung der Umwelt, aber auch auf bestimmte Dinge im Leben, wenn man eine Weile zu Fuß unterwegs ist? Ich habe zunächst einiges darüber gelesen, habe herausgefunden, wie vielschichtig das Thema ist und stellte mir vor, diese ganze Vielfalt einmal zusammenzubringen. Und zwar als Podcast, so dass andere, die an diesen Fragen ebenfalls interessiert sind, gehen können, wenn sie zuhören.
Es gab dann verschiedene Settings für den Podcast. Alleine etwas erzählen? Schwierig und wohl auch etwas öde. Zu zweit darüber reden? Das ist bei einem so weiten Thema schon eine Herausforderung, die viel Abstimmung erfordert und auch zeitlich gut geplant sein will. Die Idee, mit den jeweiligen Expert*innen Gespräche aufzunehmen und dann auch über eigene Erfahrungen zu berichten, gefiel mir letztlich am besten.
Bei aller Motivation: Es gab auch Tiefen. Die Einarbeitung in Ultraschall, eine auf die Bedürfnisse von Podcaster*innen zugeschnittene Erweiterung einer Digital Audio Workstation, war für mich als Neuling nicht ganz ohne. Es dauerte eine Weile, bis ich das System verstanden hatte, und zu Anfang gab es auch frustrierende Erlebnisse. Ich musste erkennen, dass ich doch eher weit davon entfernt bin, mir so eine Technik intuitiv anzueignen. Das Tutorial ist super hilfreich – aber es erfordert Geduld. Und irgendwann hatte ich wie einen leicht hämischen Kommentar plötzlich diese Zeile von Tocotronic im Ohr, und wurde sie über Wochen nicht mehr los: „Was du auch machst, mach es nicht selbst, auch wenn du dir darin gefällst. Wer zu viel selber macht, wird schließlich dumm…
Doch an dieser Stelle irrt die Band. Denn neben leichten Anflügen von Frust und Verzweiflung hatte ich vor allem immer wieder wunderbare Aha- und vor allem Erfolgserlebnisse: Wenn Knoten sich lösten, wenn ich einem Fehler auf die Spur gekommen war, wenn die Aufnahme, das Schneiden, das Hinterlegen von Musik dann doch endlich klappten. Vor allem auch, wenn ich Zusammenhänge verstand, erkannte, warum etwas nicht hatte funktionieren können. Ich erlebte steile Lernkurven wie lange nicht mehr, weil ich im Alltag, bei der Arbeit doch meistens eher beiläufiger lerne.
Ich habe mir bei weitem nicht alles alleine beigebracht – sonst wäre ich an einigen Stellen wohl verzweifelt. Es hat mir sehr geholfen, erfahrene Podcaster zu kennen, die ich in den verschiedenen Stadien der Entwicklung des Podcasts immer wieder fragen konnte: Christian Friedrich, Christian Möller und Daniel Meßner, denen ich dafür sehr dankbar bin.
Das Beste, was zu diesem Zeitpunkt möglich ist
Womit ich mich auch auseinandersetzen musste: Ich wusste, dass ich nicht das Ergebnis würde produzieren können, das ich mir vielleicht wünschen würde. Es gibt viele schöne Sätze, die da helfen können, so wie „better done than perfect“ zum Beispiel. Am besten fühlte ich mich erkannt und dann auch bestätigt in einem Zitat, das Matze Hielscher in einem Gespräch mit Eva Schulz im Podcast „Deutschland 3000“ erklärt: Um etwas abzuschließen, das habe er von Kim Frank gelernt, sei es wichtig, eine Art Vertrag mit sich zu schließen, so wie es der Musiker und Regisseur ihm in seinem Podcast beschrieben habe:
„Das Allerwichtigste finde ich, dass man in dem Moment, wo man die Sache macht, einfach weiß, dass das, was man da jetzt macht oder gemacht hat, das Beste ist, was man zu diesem Zeitpunkt, unter den Voraussetzungen, auch gemessen an den eigenen Fähigkeiten, machen konnte. Wenn du dir ganz sicher bist, das ist das Beste, was ich machen konnte, sei stolz auf dich, selbst wenn es die letzte Scheiße ist und selbst wenn du dich drei Jahre später, wenn du draufguckst, dafür schämst. Das war das Beste, was du konntest. Sei stolz, dass du dich getraut hast es zu machen, sei stolz, dass du es fertig gemacht hast und sei stolz, dass du es herausgetan hast in die Welt.
Kim Frank bei Hotel Matze, Podcast, Episode #35
Ich habe für die ersten Episoden einen solchen Vertrag mit mir abgeschlossen. Denn wie Eva Schulz so richtig sagt in diesem Gespräch: „Das befreit von der Idee, was es noch alles hätte sein können, mit anderen Ressourcen, mehr Zeit…“.
Die Episode 0 meines Podcasts „Lob des Gehens“ erscheint morgen, Freitag, am 23. Oktober. Der Trailer ist bereits online. Die ersten Episoden sind unter Vertrag, weitere sind in Aussicht.
Weitere Informationen:
Lob des Gehens – ein Podcast, über das Glück, zu Fuß weiter zu kommen. Von Nicola Wessinghage.
Überall dort, wo es Podcasts gibt, und direkt auf der Website:
Dort gibt es neben Informationen zum Podcast noch weitere Buchtipps, Podcastempfehlungen und Links zum Thema.
Tutorial: Ultraschall für Einsteiger*innen – live auf dem 32c3
Erklärfilme zu Ultraschall, Auphonic und weiteren Themen von den Machern der „Geschichtenkapsel“, einer Hörgeschichtensammlung, die als Podcast produziert wird.
Herzlichen Glückwunsch. Gerade habe ich die erste Folge des Podcast gehört und finde ihn sehr gelungen. Ich bin schon sehr gespannt auf die geplanten Folgen. Falls Sie auch etwas über die spirituelle / religiöse Seite des Gehens machen mögen, dann wären „Exerzitien auf der Straße“, die im Gehen stattfinden, eine Option. Die gibt es auch in Hamburg seit 19 Jahren an der Trinitatiskirche in Altona.
Vielen Dank! Von den Exerzitien auf der Straße meine ich sogar schon gehört zu haben. Ich sehe mir das gerne an. Für dieses Jahr habe ich schon die Planung komplett, aber es soll ja auch im kommenden Jahr weiter gehen!