Heute ist Muttertag, ich bekomme weder Blumen noch Geschenke, und das ist gut so. Ich bin dafür, diesen Tag abzuschaffen. Kritik ist ja schon seit vielen Jahren zu hören: Gegnerinnen und Gegner weisen auf den Bezug zu den Nationalsozialisten hin. Die hatten den Gedenktag zur Unterfütterung ihres Mutterkults zu Glanze gebracht, damit das konservative Frauenbild gefestigt und die Funktionalisierung der Frauen zu Gebärmaschinen untermauert. Dann die Kommerzialisierung. Der Kitsch. All das störte mich an diesem Gedenktag schon in der Zeit, als ich noch keine Kinder hatte.

Aber es ist noch mehr. Seit ich selbst Mutter bin, wird dieser Tag immer wieder direkt an mich herangetragen. „Was haben dir denn deine Männer zum Muttertag geschenkt?“ Ich wäre peinlich berührt und irritiert, würde ich an diesem Tag beschenkt werden. Zum Glück wurde mir die Situation erspart, ohne dass wir je darüber gesprochen hätten. Und dankenswerter Weise verzichtet auch die Kita auf Basteleien zum Muttertag – was offensichtlich nicht alle so positiv sehen wie ich.

Der Muttertag ist für mich ein reiner Anachronismus. In meinem Leben hat er nichts zu suchen. Wir teilen als Paar die Erziehung, die Zeit mit den Kindern, die Aufgaben im Haushalt. Warum sollen meine Kinder – oder noch schlimmer: der Mann – exklusiv mir für etwas danken, was unsere gemeinsame Aufgabe ist, die wir als Eltern gleichberechtigt teilen? Und selbst wenn das in andere Familien anders ist: Festigt ein solcher Tag diese Situation dann nicht nur? Der Muttertag hat für mich eine affirmative Funktion zum Erhalt eines Rollenbilds, nach dem die Mutter für Erziehung und Haushalt zuständig ist. Das lehne ich ab. Wie konservativ in diesem Zusammenhang der Muttertag ist, zeigt sich auch in seiner Abgrenzung zum traditionellen „Vatertag“. Dieser Tag findet außerhalb der Familie statt, die Männer bleiben unter sich – die Familie bleibt ihnen an diesem Tag „erspart“.

Ich möchte niemanden den Muttertag madig machen, bin im Einklang mit meiner Rolle als Mutter und habe nichts dagegen, mich mal feiern zu lassen. Aber in seiner konservativen Ausrichtung ist der Muttertag politisch. Wenn jemand solche Tage braucht – dann nehmen wir doch lieber den Internationalen Frauentag. Oder benennen den Muttertag einfach um: in Elterntag. Und die Alleinerziehenden hätten sowieso einen ganz eigenen Tag verdient.