Morgen werden in Deutschland und weltweit Menschen auf die Straße gehen, um beim #marchforscience für die Wissenschaft zu demonstrieren. Sie folgen damit einem Aufruf aus den USA am „Earth Day“ gegen die antiwissenschaftliche Haltung Trumps zu protestieren – in Anlehnung an den Women’s march Anfang des Jahres.
Die Bewegung in Deutschland hat nicht nur viele Anhänger gefunden, sondern hat auch Kritik provoziert. Manche halten den March für reinen Aktionismus, andere bezweifeln, dass die Demonstrationen eine breite Öffentlichkeit erreichen könnten. Eine ganz grundsätzliche lautet, Wissenschaft dürfe nicht politisch sein.
Ich gehe genau deshalb mit, weil ich überzeugt bin, in diesen Tagen muss Wissenschaft politisch sein. Nicht parteipolitisch und auch nicht politisch in dem Sinn, dass Wissenschaftler*innen aus wissenschaftlichen Ergebnissen konkrete politische Forderungen ableiten sollten. Das ist nicht ihre Aufgabe. Aber die Wissenschaft muss politisch werden, wenn es um ihre eigene Existenz geht:
- Wenn Menschen ihr die Daseinsberechtigung absprechen, gesicherte Erkenntnisse ignorieren, um ihre persönlichen Meinungen durch so genannte „alternative Fakten“ zu untermauern.
- Wenn durch ungesicherte Arbeitsverhältnisse die Qualität der wissenschaftlichen Forschung gefährdet ist.
- Wenn durch die Benachteiligung von Wissenschaftlerinnen wichtige Sichtweisen strukturell ausgeklammert werden und Frauen diskriminiert werden.
- Wenn durch politische Einschränkungen der internationale Austausch gefährdet ist und Menschen wegen ihrer Herkunft nur eingeschränkt oder gar nicht wissenschaftlich arbeiten dürfen.
Viele sehen nicht, dass es bei den insgesamt 22 lokalen Aktionen in Deutschland um mehr geht, als „gegen Trump“ zu sein – die Zielformulierungen zum Beispiel in Hamburg zeigen das klar.
Es ist nicht alles im Guten in der Wissenschaft – aber es ist sehr gut und wichtig, dass es sie gibt. Wir als demokratische Gesellschaft profitieren davon. Dafür lohnt es sich, auf die Straße zu gehen, und zwar nicht nur für Wissenschaftler*innen. Am Samstag sind wir explizit alle aufgerufen, dabei zu sein.
Lesenswert:
- Interview zu den Zielen der marchforscience-Bewegung in Deutschland mit einer der Initiatorinnen, Tanja Gabriele Baudon, bei correctiv.org
- „Mein ambivalentes Verhältnis zum March for Science“ – Blogpost von Martin Ballaschk mit vielen Kommentaren
- „Wissenschaft schafft eine bessere Demokratie“ –
Hörenswert:
hr2 Kultur: March For Science. Wenn Wissenschaft politisch wird.
Resonator – der Podcast der Helmholtz-Gesellschaft: RES105 March for Science.