Mitten in den Sommerferien kommt die gute Nachricht für viele Familien in Hamburg: Die Grundbetreuung in der Kita von fünf Stunden wird ab 1. August für alle gebührenfrei sein, einkommensunabhängig. Da bislang die Gut- und Besserverdienenden am meisten für die Betreuung zahlen mussten, werden sie sich besonders über das Geschenk freuen.
Kein neues Argument für die Kita
Abgesehen davon, dass die Gebührenfreiheit vor allem die begünstigt, die weniger darauf angewiesen sind, ist fraglich, ob sie die Entscheidung für die Betreuung in der Kita positiv beeinflussen kann. Denn eine der Überlegungen, die hinter der Neuregelung steht, geht in diese Richtung: Frauen soll die Rückkehr in den Job erleichtert werden. Und für Kinder aus so genannten bildungsfernen Familien erhofft man sich Chancengleichheit, wenn sie möglichst von Anfang an von den frühkindlichen Bildungsangeboten profitieren. Aber: Geringverdienende sparen jetzt monatlich 27 Euro – erhalten jedoch auf der anderen Seite wie alle weiterhin Betreuungsgeld, wenn sie ihr Kind zuhause behalten. Bei den Gut- und Besserverdienenden ist bei der Rückkehr in den Job oft nicht die Höhe der Kitagebühren das Hindernis. Stattdessen zögern viele, weil sie ihr Kind mit ein oder zwei Jahren nicht in die „Fremdbetreuung“ geben möchten. Diese Vorbehalte haben auch damit zu tun, dass sie befürchten müssen, ihr Kind bekomme in der Kita nicht die Aufmerksamkeit und Zuwendung, die es gerade in den ersten Lebensjahren braucht. Die Qualität dieser Betreuung zu verbessern, könnte meiner Ansicht nach das weitaus überzeugendere Argument für die Kita sein. In die Qualität der Betreuung zu investieren, das würde bedeuten, dass mehr Erzieherinnen und Erzieher als bislang zur Verfügung stehen, also der Betreuungsschlüssel endlich den pädagogischen Empfehlungen angepasst wird. Darüber hinaus wäre es überfällig, die Erzieher besser zu zahlen, die einen hoch anspruchsvollen Job machen und dafür ein beschämend niedriges Gehalt bekommen.
Wo kommt das Geld her?
Besonders skeptisch macht mich zudem die Frage, wo das Geld eigentlich herkommt im auf Sparkurs getrimmten Hamburger Haushalt. Wenn weiter an den Etats für Museen, an Bildungs- und sozialen Projekten gekürzt wird, ist weder den gut noch den gering verdienenden Familien geholfen. Das Geschenk wäre dann nur ein Stück Symbolpolitik – und dafür ganz schön teuer. Die 75 Millionen Euro, die die freie Kitagrundgebühr kostet, ist mehr, als Hamburg für Museen und Bibliotheken zahlt, schreibt Oliver Hollenstein in der ZEIT-Hamburg vom 7. August. In seinem Kommentar gibt er zu bedenken, dass immer mehr Paare aus finanziellen Gründen auf Kinder verzichten. Ob die freie Kinderbetreuung eines dieser Paare umstimmen wird, möchte ich bezweifeln.
Ach Gott, ja. Natürlich nimmt man es gerne mit, unverhofft mehrere hundert Euro weniger im Monat für die Kinderbetreuung zahlen zu müssen. Aber wie Du schon schreibst: Es trifft vor allem die, die es sich leisten können, das wäre gar kein absolutes Muss gewesen und ich hätte es wirklich lieber, das Geld würde in einen verbesserten Betreuungsschlüssel gesteckt. Aber wo soll man sich dafür einsetzen: „Hallo, ich würde gern wieder mehr zahlen“ klingt ja irgendwie auch merkwürdig.